INDUSTRIE- UND TEXTILMUSEUM NEUTAL IN BÄRETSWIL
28.1.2023
BESUCH INDUSTRIE- UND TEXTILMUSEUM NEUTAL IN BÄRETSWIL
Zum letzten Anlass des per nächster GV zurücktretenden Kulturchefs, Beat Kistler, mussten die Teilnehmenden fast zuhinterst ins Turbenthal fahren. Ziel war die 1827 vom Textilindustriellen Johann Rudolf Guyer-Zeller gebaute, ehemalige Baumwollspinnerei in Bäretswil. Die Räumlichkeiten werden seit 1991 als Museumsbetrieb Neuthal genutzt, in denen vor allem die in der Textilindustrie eingesetzten Maschinen ausgestellt sind. Es ist schon erstaunlich, mit welchem Erfindergeist die damaligen, historischen Maschinen entwickelt wurden und heute noch funktionieren. Erstaunlich ist auch die rasante technische Entwicklung der bis zirka 1960 gebauten und ausgestellten Maschinen. Maschinen die zum grössten Teil von der Maschinenfabrik Rieter in Winterthur entwickelt und gebaut wurden und uns im Betrieb in Erstaunen versetzt haben. Maschinen auch neuerer Bauart, die nach der Schliessung von Spinnereibetrieben dem Museum zur Verfügung gestellt wurden.
DER MUSEUMSBETRIEB
Der ganze Museumsbetrieb wird von vielen Freiwilligen unterhalten und sichergestellt. Sie haben sich 2018 im Verein NIK Neuthal, Textil und Industriekultur, organisiert. Der Verein ist aufgeteilt in die vier Arbeitsgruppen: Wasserkraft & Arbeit, Spinnen, Weben und Stricken.
Ziel unseres Anlasses war die Spinnerei. Hans Kappler, ein durch seine beruflichen Tätigkeiten sehr erfahrener und kompetenter „Spinner“, hat unsere leider etwas kleine Gruppe durch die Räumlichkeiten geführt. Mit grossem Fachwissen, mit Begeisterung und vielen Anekdoten hat er uns die diversen Arbeitsvorgänge vom Rohmaterial (Baumwolle) bis zum Endproduckt (Garnfäden) erzählt und diese mit den dafür benötigten Maschinen und ihrer Funktionsweise demonstriert. Übrigens, wer hat gewusst, dass für die Banknotenherstellung Baumwollfasern verwendet werden!
DIE GARN-FADENHERSTELLUNG
Wie viele Arbeitsvorgänge es braucht, bis die damals zirka 300 Kg schweren Baumwollballen zu Gran und in einer guten Qualität verarbeitet sind, das hat uns doch erstaunen lassen. Entscheidend für eine gute Garnqualität ist schon am Anfang das gute trockenreinigen und mischen des Rohmaterials. Je nach Herkunft der Baumwolle ist die Qualität unterschiedlich und muss durch das Mischen ausgeglichen werden. Die frühere Handarbeit wird heute durch genau einstellbare Misch-maschinen erledigt. Ebenfalls Qualitätsbeeinflussend ist die Raumtemperatur und die Luftfeuchtigkeit. Mit den einzelnen Maschinen wird das Rohmaterial immer feiner in die einzelnen Fasern aufgelöst, bis es schliesslich nach Karden, Kämmen und Strecken mit der Ringmaschine als Garnfaden auf eine Spule gewickelt wird. Dem Vernehmen nach ist die Kader-Maschine die gefährlichste im Museum und habe mit ihren spitzen Zähnen auf der ungeschützten Rolle, bei unvorsichtigem Arbeiten, einige Finger verletzt oder ausgerissen. Maschinen die heute auf Knopfdruck elektrisch funktionieren. Ursprünglich wurden die historischen Maschinen aber noch mit Wasserkraft über ein Wasserrad, diverse Wellen und Winkelgetriebe und über Riemen oder Schnüre angetrieben. Damit die damalige Energiegewinnung ausreichend war, mussten extra Weiher als Wasserspeicher angelegt werden, damit genügend Wasser auf das Wasserrad geleitet werden konnte. Das damalige Antriebssystem ist heute noch gut erhalten und funktionstüchtig. Zur Anlieferung des Rohmaterials und zum Abtransport der Fertigprodukte hat Guyer-Zeller auch eine extra Bahnlinie gebaut, die Uerikon-Bauma-Bahn. Heute wird sie noch für historische Dampfbahnfahrten benutzt.
DER ABSCHLUSS
Durch unsere vielen Fragen und die ausführlichen, interessanten Antwortgen von Hans Kappler dauerte die Führung natürlich etwas länger als die abgemachten 2¾ Stunden.
Dann war es aber Zeit den offerierten Kaffee und den mitgebrachten Hefenstollen zu geniessen. Eine kleine Stärkung und vor allem eine innerliche Erwärmung, die in den kaum oder gar nicht geheizten Räumen sehr willkommen war. Hans Kappler hat uns danach angeboten, einen Stock höher noch die Stickerei zu besichtigen. Ein Zusatzangebot das von den meisten Teilnehmenden genutzt wurde. So haben die Letzten erst um 17.30 Uhr das Gebäude nach einem sehr informativen und lehrreichen Nachmittag verlassen.
Besis letzter Anlass war – meiner Meinung nach – ein krönender Abschluss seiner Karriere als Kulturchef des RC Winterthur–Schaffhausen. Danke für deinen langjährigen Einsatz und die vielen Anlässe die du für uns organisiert hast.
Und Danke auch an Heidi, die insbesondere die administrativen Arbeiten erledigt hat.
Arthur Waldvogel